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Schweizer Kunststoffspezialist Wild & Küpfer AG montiert Motorprintträger mit Hilfe einer flexiblen Roboterzelle

Aufgabe: Bau einer neuen Montageanlage für Motorprintträger. Dabei sollten Roboter Trays handhaben, Teile positionieren und ausrichten sowie die Endmontage kontrollieren.

Lösung: Die Lösung des Schweizer Unternehmens Robotec Solutions umfasste drei langarmige LR Mate 200iD Handhabungsroboter mit einer Nutzlast von 7 kg. Mit FANUC iRVision kann der erste Roboter die Motorträgerelemente aus den Kartons entnehmen und sie in einen Werkstückträger legen. Ein zweiter mit iRVision ausgestatteter LR Mate setzt dann die Motorprintträger in die Träger ein. Nach dem die Teile heiß vernietet wurden, überprüft ein dritter Roboter die fertige Baugruppe und legt sie in eine Transporteinheit.    

Ergebnis: Diese Lösung zeigt, wie sich einfache Standards zu einer flexiblen Zelle kombinieren lassen. Während des Prozesses werden Qualitäts- und Vollständigkeitskontrollen durchgeführt, was die Zyklusdauer reduziert. Für ein Maximum an Flexibilität kann zudem die Baugruppe in wenigen Minuten geändert werden.

MASCHINENBAU UNTERSTÜTZT VISION

Prozessautomatisierung ist für Lohnfertiger unumgänglich

Die Produktion von anspruchsvollen Kunststoffteilen ist bei der Wild & Küpfer AG eng mit der Automatisierung verbunden. Zur Wertschöpfung tragen auch sechsachsige FANUC Roboter bei – nicht zuletzt wegen ihrer Zuverlässigkeit und ihres so genannten „guten Preis-Leistungs-Verhältnisses“.

Was im Jahr 1975 in einem Schweinestall in Glarnerlang durch Firmengründer Tobias Wild begann, entwickelte sich zu einem europaweit gefragten Technologieunternehmen. Die Wild & Küpfer AG präsentiert sich heute als ein modernes und äußerst innovatives Unternehmen. Selten habe ich bei einer Reportage ein so sauberes und gut organisiertes Betriebsgelände gesehen wie bei W&K.

Wild & Küpfer AG ist Hersteller von technisch hochwertigen Kunststoffteilen und beschäftigt heute 140 Mitarbeiter.  Der größte Teil der 23.000 m² großen Produktionsfläche ist dem Bereich Technik (Technical Division) gewidmet. Etwas kleiner, aber hochmodern ist der zweite Geschäftsbereich, die Medical Division. In diesem Bereich wird aktuell noch unter „Cleanroom Klasse 8“-Bedingungen gearbeitet. In naher Zukunft wird diese Klassifizierung auf „Klasse 7“ erhöht. Daniel Hartmann, Projektleiter und Leiter der Automation bei der Wild & Küpfer AG: „Diesen Bereich werden wir nach und nach weiter ausbauen. Und die Aussichten sind gut, dass wir in den nächsten Jahren verschiedene Automatisierungsprojekte umsetzen können und die Umsetzung von Industrie 4.0 (Stichwort Internet der Dinge) weiter vorantreiben.“ Kunststoffverarbeitung auf so hohem Niveau basiert auf durchdachten Prozessen von der Entwicklung über die Konstruktion und Produktion bis hin zur Montage und schließt eine systematische, prozessorientierte Qualitätssicherung ein. Die jüngste Innovation: die Investition in einen Computertomographen, der bei Wild & Küpfer AG zur Vermessung von Spritzgussteilen und Baugruppen eingesetzt wird. Dieses Gerät wird zur Vermessung und Fehleranalyse von Baugruppen eingesetzt. Hartmann: „So lassen sich auch Details, die bisher nicht mess- und einsehbar waren, visualisieren.“ Ebenso setzt der Werkzeugbau, ein starkes Standbein des Unternehmens, auf eine leistungsfähige Ausrüstung. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz des Laser-Cusing. Da bei diesem Verfahren Metallpulver schichtweise aufgebaut wird, lassen sich Kühlkanäle in Werkzeugen fertigen, die mit herkömmlichen Verfahren nicht hergestellt werden können.

Als Hartmann 2004 zum Unternehmen nach Schmerikon kam, steckte die Roboterautomation noch in den Anfängen. Und obwohl die Stückzahlen bei den ersten Projekten nur knapp über der Kalkulationsgrenze lagen, sahen die Inhaber Wild und Küpfer darin einen wertvollen Ansatz: „Kunden haben den Qualitätsgewinn durch Automation honoriert.“ Über eine „zweite Karriere“ eines Roboters denkt bei der Werksbesichtigung eigentlich niemand nach. Als die Fertigung und Montage eines ursprünglichen Produkts automatisiert wurde, war es bereits seit acht Jahren auf dem Markt. Der aktuelle Stand: Der Kunde rechnet mit weiteren zehn Jahren Produktionszeit. Dabei unterliegt selbst eine solche Zelle Veränderungen. Bei steigenden Stückzahlen wurden zusätzliche Roboter integriert. Heute sind Roboter ein normaler Anblick in den lichtdurchfluteten Produktionshallen.

Dabei spielt die möglichst einheitliche Verwendung von Komponenten wie Robotern eine wichtige Rolle, wie Daniel Hartmann bestätigt: „Die Standardisierung hilft bei der Wartung der Anlagen und hält die Kosten für Ersatzteile niedrig. Außerdem lässt sich so eine hohe Verfügbarkeit aufrechterhalten, weil wir Anlagenelemente oder Baugruppen bei Bedarf tauschen können.“ Und noch ein dritter Grund ist ihm wichtig: „Aus meiner Sicht fördert die Standardisierung die Konzentration auf bestimmte Produkte/Ausrüstungen und damit die Partnerschaft mit den Lieferanten.“ Trotzdem müssen sich Lieferanten dem Wettbewerb stellen. Denn zu den Unternehmensgrundsätzen gehört es auch, für jedes Produkt jeweils zwei Einkaufs- oder Bezugsquellen aktiv zu halten, um einen marktorientierten Wettbewerb zu haben, der allerdings im Sinne der Partnerschaft gepflegt wird.

Frischer Wind durch Automatisierung

Für die Montage von Motorprintträgern hat Wild& Küpfer AG eine neue Montageanlage in Betrieb genommen. Die zu montierende Baugruppe ist Teil eines Antriebs für Lüftungsanlagen in der Gebäudetechnik, wobei es zahlreiche Varianten gibt, die sich in ihren technischen Spezifikationen, aber auch in ihren äußeren Abmessungen unterscheiden. Wie einige Montageanlagen zuvor, wurde auch diese vom Schweizer Unternehmen Robotec Solutions in Seon, realisiert.

„Es gibt anspruchsvollere Zellen, was die Abläufe angeht“, sagt Daniel Hartmann.  Die Robotec-Zelle ist aber ein Beispiel dafür, wie sich einfache Standards zu einer flexiblen Zelle kombinieren lassen. Die Zelle ist nicht sehr komplex, da „nur“ zwei Elemente miteinander verbunden werden. Die Spritzgussteile werden in Kartons angeliefert. Zulieferelemente werden auf Trays präsentiert und auf einem Rundschalttisch mit mehreren Stationen erfolgt die Montage.

Bestimmte Details werden dem Praktiker jedoch sofort ins Auge fallen. So entnimmt beispielsweise der erste Roboter die Träger aus der Box, in der sie lagenweise angeliefert werden. Das integrierte FANUC iRVision-System hilft dem Roboter, die Lage und Position zu erkennen. Damit der Träger immer exakt in einen Werkstückträger auf dem Rundschalttisch platziert werden kann, wird eine mechanische Zentrierhilfe eingesetzt. Ein dort abgelegter Motorprintträger rutscht geführt in eine definierte Position, wo sie vom Roboter wieder aufgenommen wird. Das ist einfach, aber effektiv. Ein zweiter LR Mate mit Vision setzt die in Trays bereitgestellten Motoren auf die Trägerelemente. Beide Komponenten werden „heiß vernietet“ und an einer weiteren Station des Rundschalttisches einer optischen und taktilen Prüfung unterzogen. Nach dieser Kontrolle zur Überprüfung der korrekten Motorversion und der Einbaumaße kann der dritte Roboter die Baugruppe in einer Transporteinheit ablegen. Bei allen drei Robotern handelt es sich um das Modell LR Mate 200iD in der Langarmversion mit 7 kg Traglast. Die sechsachsigen Roboter haben in dieser Version eine Reichweite von 911 mm. Die drei Bedienpanel befinden sich an der Frontseite der Zelle. Bedient wird die Anlage zentral über den GE-Touchscreen in einer übergeordneten Zellensteuerung.

Sensorik zur Qualitätskontrolle

Qualität und Vollständigkeit der Montage werden gleich in der Robotec-Zelle geprüft. Die Prüfung erfolgt nach dem Prinzip: so einfach und sicher wie möglich. Je nach Aufgabe kommt ein iRVision, ein optischer Keyence-Sensor oder ein einfacher Taster zum Einsatz.

Derzeit laufen drei unterschiedliche Baugruppenvarianten über die Anlage. Ein Wechsel geht fix, wie Daniel Hartmann bestätigt: „Das Programm lässt sich in wenigen Minuten umstellen. Die Werkstückträger wurden ebenfalls mit einem Schnellwechselsystem versehen, so dass die Umstellung auf einen anderen Typen effizient durchgeführt werden kann.“ Das Programm kann jederzeit erweitert werden, falls ein weiterer Typ hinzukommen sollte. Hilfreiches Detail: Alle Werkstückträger sind platzsparend und vor allem griffbereit unter dem Rundtisch untergebracht. Damit sie nicht verwechselt werden, sind sie farblich unterschiedlich eloxiert. Bei einem Formatwechsel geht das Unternehmen kein Risiko ein. Auf den „Arbeitsplänen“, den Begleitdokumenten eines Auftrags, ist ein Barcode aufgedruckt. Hier sind alle notwendigen Informationen hinterlegt. Ist die Anlage leer, kann der neue Auftrag gestartet werden.

Die Wild & Küpfer AG arbeitet bereits seit mehreren Jahren mit Robotec Solutions zusammen. Daniel Hartmann: „Der gegenseitige Umgang ist sehr partnerschaftlich. Eine solchen Umgang pflegen wir auch mit unseren Kunden. In Schmerikon haben wir im Laufe der Jahre viel Know-how in der Automation gesammelt. Schlüsselelemente von Anlagen werden z.T. bei uns intern gezeichnet und gefertigt“, sagt Hartmann. Er betont aber auch, dass zu den Kernkompetenzen der Werkzeugbau, die Spritzgusstechnik und die Montage von High-End-Produkten gehört – und eben nicht der Bau von Montageanlagen. Mit Blick auf die Generation der kollaborierenden Roboter hat der Projektleiter klare Vorstellungen. Bei kleineren Stückzahlen rücken innovative Zellen mit Schnellwechselsystemen immer mehr in den Fokus. In solchen Lösungen sollen Roboter repetitive Aufgaben übernehmen und Prozessfunktionalitäten erledigen. Ergänzend dazu soll das Bedienpersonal für Flexibilität sorgen. Hartmann: „Zudem wird die Vernetzung von Robotern, Zellen und Steuerungssystemen in Bezug auf Industrie 4.0 immer mehr zum Thema.“



Den Anfang sieht er bei den Steuerungen der FANUC Roboter bereits gemacht: „Jetzt können wir über einen Webbrowser auf die Maschine zugreifen. Das ist eine positive Entwicklung und ein Schritt in Richtung vernetzter Fertigung.“

Laser Cusing
Laser Cusing basiert auf der Verschmelzung einkomponentiger, metallischer Pulverwerkstoffe mittels eines Lasers. Dieses Verfahren ermöglicht es, aus metallischen Werkstoffen Werkzeugelemente schichtweise aufzubauen. Die typische Schichtdicke liegt zwischen 20 und 50 µm. Eine ausgeklügelte Belichtungsstrategie ermöglicht die fehlerfreie Erzeugung auch großer Werkzeugkerne. Ein Vorteil dieser Technik liegt darin, dass gerade bei komplizierten Formen im 3D-Bereich Kühlkanäle gezielt angeordnet werden können. Das Werkzeug lässt sich optimal kühlen. So entstehen Teile mit geringerem Verzug und kürzeren Zykluszeiten.

Verwendete FANUC-Produkte