Personalknappheit lässt Nelissen Roboter einstellen
HARTE ARBEIT UND EIN WENIG GLÜCK
Fijn Mekaniek Nelissen ist als Unternehmen auf die Bearbeitung mit CNC-Maschinen spezialisiert. Zu den eingesetzten Techniken gehören das Drehen, Fräsen und Funkenerodieren. Der Kundenstamm ist ausgesprochen diversifiziert. So finden sich im Klientel nicht nur mehrere Maschinenhersteller, auch im Automobilbereich und der Luft- und Raumfahrtindustrie hat sich die Firma einen Namen gemacht. Neben der Belieferung dieser Sektoren führt Fijn Mekaniek Nelissen auch Notreparaturen aus: Der perfekte Ausdruck der hohen Flexibilität, die das Unternehmen auszeichnet.
Leidenschaft für Metall
Paul Nelissen machte sich nach mehrjähriger Tätigkeit als Werkmeister 1990 selbstständig. Angefangen hat er mit einer CNC-Dreh- und Fräsmaschine. Er sagt selbst: „Der Anfang besteht aus 50 % harter Arbeit und 50 % Glück.“ Und das Glück war auf seiner Seite, denn das Jungunternehmen expandierte bald zu dem, was es heute ist. Seine solide Einstellung zum Thema Finanzen brachte der Geschäftsmann durch eine Ausbildung zum Buchhalter vor dem Eintritt in die Metallbranche mit. Was ihn und sein Unternehmen aber besonders auszeichnet, ist die Hingabe und Leidenschaft für ein perfektes Werkstück, das exakt den Vorgaben des Kunden entspricht. „Manchem mag es nichts Besonderes sein, aber aus einem Stück Metall ein fertiges Teil hervorzubringen, das haargenau zu den Vorstellungen des Abnehmers passt, ist etwas Wundervolles.“
Personalknappheit
Diese Philosophie gibt er auch an seine Mitarbeiter und insbesondere die Bediener der CNC-Maschinen weiter. Fijn Mekaniek Nelissen verzeichnet ein Umsatzwachstum von durchschnittlich 10 % im Jahr, weshalb auch immer mehr Maschinen und Leute gebraucht werden. Allerdings scheint die Suche nach Mitarbeitern mit ausreichender Motivation, diese hochtechnische Profession zu erlernen, ein schier unüberwindbares Problem.
CNC-MASCHINENBEDIENER SIND MANGELWARE
„Es herrscht immer noch die Vorstellung, dass ein Dreher oder Fräser im dreckigen, ölverschmierten Overall knietief in Metallspänen steht“, sagt er lachend, aber etwas zynisch. Dabei ist das von der Wahrheit weit entfernt. Der Arbeitsplatz ist sauber, hier hängt kein Ölnebel in der Luft und Lärm gibt es auch keinen. Kurz: Wir arbeiten in einer High-Tech-Umgebung.
Nicht genug Abgänger
Die irrige Vorstellung vom Beruf eines CNC-Maschinenbedieners ist indessen entmutigend für junge Menschen, die eine Tätigkeit in der Industrie anstreben. Und die Folge des geringen Zustroms in diese technische Ausbildung ist eben, dass es wenige Berufsabgänger gibt. Dann ist es fast unmöglich, unter den Wenigen jemanden zu finden, der motiviert, intelligent und imstande ist, eigeninitiativ und selbstständig zu arbeiten. Paul Nelissen: „Es dauert zwei bis fünf Jahre, bis ich einem CNC-Bediener Arbeit geben kann und dabei weiß, dass er die Arbeit vollkommen selbstständig ausführen kann. Und ich spreche von jemanden mit technischer Bildung.“
Routinearbeit
Personalbeschaffung ist nicht das einzige Problem. Nachher ist es wichtig, dass die Aufgabe dem Bediener Spaß macht, und vor allem herausfordernd bleibt. „Bei der Bearbeitung liegt die Freude darin, zur Erschaffung eines Werkstücks Theorie und Praxis zu verbinden. Für einen erfahrenen Bediener ist das Einrichten der Maschine eine Aufgabe, die ihn fordert. Wenn das erledigt ist und die tatsächliche Produktion anläuft, ist der Spaß vorbei. Dann folgt das Beladen und Entladen der Maschine.“
AUTOMATION
Zur Lösung beider Probleme entschied Paul Nelissen, seine CNC-Drehmaschine, eine Mazak Integrex 200-IV, automatisch beladen und entladen zu lassen. Er beriet sich mit dem Systemhaus Robojob. Die Lösung bestand konkret aus einem 6-achsigen FANUC-Roboter und einem IRS-CW-System. Dies steht für „Integrated Robot System for Chuck Work“.
Beschreibung der Auslegung
Die moderne Dreh- und Fräsmaschine hat zwei Spannfutter. Der FANUC Roboter steht links von der Maschinenöffnung. Seine geneigte Stellung sorgt dafür, dass er dem Bediener nicht im Weg ist. Neben dem Roboter steht die IRS-CW-Einheit, die für die Zuführung der zu drehenden Rohlinge sowie die Aufnahme der Fertigteile zuständig ist. Der Roboter nimmt beispielsweise ein rohes Werkstück aus dem Regal und bringt es (nachdem die Türen bereits automatisch geöffnet wurden) an das erste Spannfutter. Nachdem die Vorgänge in beiden Spannfuttern beendet sind, entnimmt der Roboterarm das fertige Werkstück aus dem zweiten Spannfutter und setzt es auf die IRS-CW. Der Zyklus wiederholt sich.
Roboterarm
Der Roboter ist ein FANUC M-120 iA – ein Industriemodell mit 6 Achsen und integriertem Aufbau. Alle Steuerkabel verlaufen im Arm, wo sie gut geschützt sind und außerdem die Bewegung nicht behindern. Auf diese Art sind auch die pneumatischen Leitungen vor Beschädigung geschützt. Der Arm wird von einer R-30A-Steuerung über das Bediengerät (I-pendant) in Reichweite des Bedieners gelenkt. Da ein CNC-Bediener kein Roboterprogrammierer ist, entwickelte Robojob eine Bedienoberfläche speziell für das Beladen und Entladen von CNC-Maschinen. Die Steuerung ist Teil des IRS-CW-Systems und stellt die Verbindung zwischen der Zuführung und Ausgabe der Werkstücke, dem Roboter und der CNC-Maschine her. Die Rüstzeit für einen neuen Zyklus ist erstaunlich kurz. Zum Einrichten des Belade- und Entladevorgangs für ein neues Werkstück werden im Schnitt nur etwa 5 Minuten gebraucht. Neu erstellte Programme können selbstverständlich zur Wiederverwendung abgespeichert werden, sodass die Rüstzeit bei wiederkehrender Arbeit nochmals kürzer ist. Die kurze Einstellzeit macht die automatische Handhabung auch für kleine Serien interessant.
IRS-CW-System
Dieses System übernimmt das Zuführen der Rohteile und den Abtransport der Fertigteile. Teile mit unterschiedlichen Abmessungen (Durchmesser: 23 bis 250 mm) können einfach abgesetzt werden. Es muss kein bestimmter Stapelort beachtet werden. Je nach Roboter beträgt das maximale Werkstückgewicht 50 kg. Die Werkstücke werden auf servogesteuerte Schrägplatten gesetzt und bleiben mit verstellbaren Werkstückauflagen aufrecht. Ferner ist standardmäßig eine Auffangwanne für Leckageflüssigkeit vorgesehen, welche von hier wieder der Maschine zugeführt wird. Der Roboter ist standardmäßig mit zwei Greifern ausgestattet: Ein Greifer für das Rohteil und ein Greifer für das Fertigteil. Dazu gehört ein von Robojob entwickeltes Schnellwechselsystem für die Greiferzangen. Der Austausch der Greiferzangen dauert nur wenige Sekunden.
Erweiterung
Das System kann zusätzlich mit einem Greifermagazin und einem automatischen Schnellwechselsystem für komplette Greifer ausgestattet werden. Das IRS-CW lässt sich auch um ein einfaches Aufbausystem für das automatische Beladen und Entladen von Achsen erweitern. Ein wichtiger Punkt ist, dass das IRS-CW mit FANUC an fast alle alten und neuen CNC-Maschinen anpassbar ist.
Aufstellung
Für die Aufstellung des Systems werden zwei Tage benötigt. Dann folgt eine eintägige Einweisung in die Robotersteuerungen. Die Einweisung ist in der Praxis viel weniger zeitaufwändig. Im Allgemeinen ist die Bedienung in wenigen Stunden erlernt.
Sicherheit
Zum Schutz des beschriebenen Aufbaus ist derzeit eine transparente Troax-Schutzwand mit zwei Schiebetüren eingesetzt. Der Nachteil dieser Lösung ist der hohe Platzbedarf. Wenn an dem Roboter ein Peripherie-Laserscanner montiert ist, ist es allerdings problemlos möglich – und womöglich wichtiger noch: auch konform mit der neuen Roboter-Norm –, diese Schutzwand wegzulassen. Dieser Scanner tastet laufend die Umgebung ab und stellt fest, ob eine erkannte Bewegung in die programmierte Bahn des Roboterarms eindringt. Ist dies der Fall, verzögert das System die Bewegung und hält sie notfalls an. Die Anordnung von Roboter und Stapler ist übrigens nicht unbedingt endgültig. Bei Fijn Mekaniek Nelissen untersucht Robojob aktuell die Möglichkeit, Roboter und Stapler mobil zu machen, sodass der Aufbau auch für andere Maschinen verwendet werden kann.
BEWERTUNG
Der Preis ist nicht unerheblich. Je nach gewählter Roboterausführung und Sicherheitsausstattung fallen Investitionen von 50 bis 120. 000 Euro an. Insofern gilt es, Kosten und Nutzen der Automatisierung abzuwägen. Abzuziehen sind durchschnittliche Lohnkosten von 38 Euro. Zum Vergleich: Der Kostenpreis einer vergleichbaren Konfiguration schwankt zwischen 3 und 8 Euro pro Stunde, jedenfalls solange der Roboter nicht abgeschrieben ist. Danach zahlt man nur noch den elektrischen Strom. Paul Nelissen: „Einmal aufgestellt, tut der Roboter seine Arbeit: Er ist nie krank oder müde, arbeitet am Wochenende ... Und wenn der Automat gestartet ist, wendet sich der Bediener seiner eigentlichen Aufgabe zu: Dem Programmieren und Einrichten der CNC-Maschine.“ Der Geschäftsleiter ist eindeutig überzeugt von diesem System. „Bald kaufen wir eine neue Maschine. Mit einem Roboter – so viel ist sicher. Einen anderen Weg gibt es nicht, denn heute geht es um die Frage: Automation oder Standortwechsel. Und an einem neuen Standort bin ich nicht interessiert.“